Wir brauchten dringend wieder Bargeld, also ging der Spaß mit Westen Union wieder los… Der erste hatte kurz bevor wir drankamen und nach 1.5 Stunden Warten kein Geld mehr (ein wenig durften wir doch noch abheben), bei den weiteren 2 waren ewig lange Schlagen. Irgendwann haben wir doch noch ein Western Union gefunden uns “nur” ca. 40 Minuten anstellen müssen, bevor wir genügend Geld abheben konnten.
Nachmittag haben wir eine Tour durch den Friedhof Recoleta gemacht. Der Friedhof ist ganz anders als in La Paz. Reiche Familien ließen prächtige Mausoleen für die Verstorbenen bauen, die oft als Familiengräber dienten und mit schönen Statuen verziert sind. Die Materialien kamen oft aus Europa. Das Ziel war klar: das Mausoleum sollte lange den irdischen Ruhm und Reichtum der Familie bezeugen. Manche sind aber aus dem tiefen Schmerz der Eltern über den Verlust ihrer Kinder entstanden, denn die Eltern wollten den Kindern eine möglichst schöne letzte Ruhestätte schenken (ein Mausoleum z.B. ist wie das Kinderzimmer der verstorben Tochter) Die Wege im Friedhof sind großzügig angelegt und reichlich mit Bäumen bepflanzt und der Friedhof ähnelt dem Père Lachaise Friedhof in Paris.
Viele Präsidenten (oder Diktatoren) oder berühmte Persönlichkeiten, Wissenschaftler (der erste Nobelpreisträger) sind hier begraben, eine der berühmtesten ist Eva Peron, liebevoll Evita genannt. Die meisten Familien müssen immer noch ca. 3000 Dollar pro Jahr für die Erhaltung der Gräber zahlen. Einige (ca. 10) Mausoleen von besonderer kultureller Bedeutung werden vom Staat finanziert. Kann oder will man das nicht mehr bezahlen, wird so ein Mausoleum von Maklern weiterverkauft. Es ist wohl sowieso eine gute Investition, dort in ein Mausoleum zu investieren. Früher sollten reiche Familien 3 Grundstücke besitzen : 1) Ein “Palast” in Buenos Aires, 2) eine Ranch/Landhaus auf dem Land 3) ein Mausoleum in Recoleta.
Wir haben uns einige Gräber genauer angeschaut, war sehr interessant. Im Übrigen kann jeder auf dem Friedhof begraben werden und es gibt auch 2 jüdische Gräber oder Gräber von Selbstmördern. Der Friedhof ist von der katholischen Kirche deswegen auch nicht aus “heilig” anerkannt.
Das waren also einige der sehr interessanten Geschichten die wir während der Führung erzählt bekommen haben.
Abends stand ein weiteres Highlight auf dem Programm: Tango. Aber keine Tangoshow sondern da wo die Menschen es wirklich tanzen, in sogenannten Milongas. Über Airbnb fanden wir eine Tour, organisiert von Kevin, einem absolut tangobegeisterten Amerikaner, der mit einer Argentinierin verheiratet ist. Ihr ganzer Lebensinhalt besteht aus Tango und sie haben auch eine Band und touren rum. Erstmal haben wir eine Stunde eine Einführung in Tango bekommen. Wir haben zum Beispiel erfahren
1) zu einem Tanzabend in einer Milonga geht man alleine hin den man tanzt mit vielen verschiedenen Partnern. Wenn man als Paar hingeht, sitzt man in der “letzten Ecke” und wird quasi ignoriert
2) es gibt 3 verschiedene Rhythmen, Milonga/Tango/Walzer-Tango. Nach 3-4 Lieder in einer Sequenz kommt eine ganz andere Musik, Disko z.B. für 1 Minute. In dieser Zeit wechselt man den Partner. Und danach kommt oft ein anderer Tangorhythmus
3) Normalerweise fordert der Mann die Frau auf, indem er sie von der Ferne anvisiert und die Augenbrauen hebt (wir haben das dann fleißig geübt). Die Frau willigt ein (nickt) oder sie tut einfach so, als hätte sie ihn nicht gesehen und schaut auf die Uhr z.B. So bekommt keinen mit, dass der Mann eine Abfuhr bekommen hat und es ist weniger peinlich gut ihn.
4) die Tanzhaltung ist sehr eng. Man öffnet sich quasi einem komplett Fremden und umarmt ihn ziemlich. Die Gesichtsbacken berühren sich, man teilt den Schweiß des anderen (da hört es für mich spätestens auf:-)). Es ist, wie unser Tanzlehrer sagte, eine “Mini-Love-Affair”… Tango ist nicht umsonst in den Bordellen der Stadt entstanden:-).
5) Nachdem man aufgefordert wurde, beginnt man sofort an zu tanzen, kein Smalltalk wie man denn heißt usw. Nach dem ersten Lied läuft direkt im Anschluss das zweite Lied aber DA hält man inne und führt 30 Sekunden Smalltalk und tanzt erst danach weiter.
6) Ist die Sequenz der 3,4 Lieder beendet, dreht sich die Frau um und lässt den Mann stehen, als ob nichts gewesen war.
7) in der Milonga wo wir waren – die wir ohne den Guide nicht gefunden hätten, denn es steht kein leuchtendes Schild davor – und selbst wenn wir die gefunden hätten, reingegangen wären wir nie, sah dubios aus- tanzt jeder mit jedem, auch heterosexuelle Männer miteinander. Es gibt einen “Leader” und einen der “folgt”. Diejenigen die folgen haben oft die Augen geschossen, damit sie sich voll und ganz auf den Partner konzentrieren können.
Flo und ich haben auch ein wenig miteinander “getanzt”, wobei man es nicht Tanzen nennen kann. Aber wir haben festgestellt, dass Tango Argentino nichts für uns ist. Es gibt auch – wenige – Paare die ausschließlich miteinander tanzen, wenn sie keine Lust auf die “Mini-Love-Affair” mit anderen haben aber selbst das würde uns nicht zusagen. Wir bleiben bei unseren Tanzschultänzen😃