Nach einer weiteren kalten Nacht, dieses Mal in Villa Mar, einem kleinen Kaff irgendwo zwischen Uyuni und der chilenischen Grenze, machen wir uns früh morgens auf den sehr aufregenden Weg zur Laguna Colorado.

Aufregend in mehrerlei Hinsicht: die Route, die wir fahren wollen, gibt es nicht bei Google Maps und auch nicht bei maps.me, wir flüchten vor der Polizei (ganz kurz) und die Strecke ist herausfordernd.

Wir haben eine Karte der Gegend gekauft und mit einem erfahrenen Touranbieter in Uyuni unsere Strecke festgelegt. Dafür haben wir jetzt ein paar neue Strecken in der Karte, die es vorher nicht gab und ganz klare Anweisungen, welche Straßen zu vermeiden sind. Teilweise sind die Straßen so schlecht, dass sie nur mit einem Jeep befahren werden können, keine Chance mit unserem Zweiradantrieb.

Eigentlich ist die Route sehr einfach, nach dem Dorf rechts und dann immer der Straße folgen. Alle Abzweigungen ignorieren, bis eine sehr breite Straße kommt. Die dann nehmen aber nicht die ausgeschilderte Abzweigung zur Lagune sondern weiter südlich und irgendwann eine andere Abzweigung bis zur Lagune nehmen.

Die Straße fährt sich anfangs ganz OK. Es ist eine Schotterpiste und wir werden ordentlich durchgeschüttelt, aber es liegen keine großen Steine im Weg und wir kommen langsam aber stetig voran.

Außer uns ist kein Auto unterwegs und irgendwann sehen wir auf einer Anhöhe einen Jeep auf unserer Strecke in der Ferne. Nach kurzer Zeit fällt uns auf, dass er sich nicht zu bewegen scheint. Seltsam… Wir kommen näher und werden etwas unruhig, die Straße ist nicht sonderlich breit, bei Gegenverkehr muss man sich vorsichtig aneinander vorbeiquetschen.

Als wir etwa 500 Meter entfernt sind, steigen drei Personen aus den Fahrzeug, in Tarnkleidung und bewaffnet. Das Auto steht so quer auf der Straße, dass wir unmöglich vorbeikommen. Wir werden noch langsamer und kommen bis auf 50m näher. Uns ist eigentlich klar: jetzt werden wir ausgeraubt. Die Panik setzt ein, ich mache den Rückwärtsgang rein und gebe Gas, wir sind aber mindestens eine Stunde vom Dorf entfernt. Ein kurzer Blick nach vorne zeigt, dass der Jeep uns verfolgt und die drei bewaffneten Personen in unserer Richtung rennen. Das Auto wenden ist nicht möglich und im Rückwärtsgang können wir nicht abhauen, also halten wir resigniert an.

Der Fahrer hält neben uns an, Hand an der Waffe, die anderen umstellen unser Auto: “Policía Narcóticos, que pasa?”. Wir sind gerade auf höchst verdächtige Weise vor der bolivianischen Drogenpolizei geflohen… Die Truppe ist entsprechend angepisst und durchsucht unser Auto gründlichst. So nah an der Grenze zwischen Bolivien und Chile gibt es natürlich viel Kokainschmuggel und wir waren sehr verdächtig…

Nach einer Weile entspannt sich die Stimmung etwas, wir zeigen alle Papiere und sie merken, dass wir sie nicht als Polizisten erkannt haben. Schließlich lassen sie uns einfach weiterfahren und wünschen uns noch eine gute Fahrt. Wir sind ziemlich mit den Nerven durch und brauchen eine ganze Weile bis der Adrenalinschub nachlässt.

Wir erreichen inzwischen 5000 Höhenmeter und die Natur ist der Hammer. Es wachsen nur kleine Grasbüschel, aber die Berge sind rot, gelb, weiß oder grün.

Dazwischen Bäche mit vielen verschiedenen Vögeln und Lagunen, teilweise gefroren.

Die Straße bleibt immer gleich schlecht und wir kommen immer langsam voran. Was auch daran liegt, dass wir ständig Pinkelpausen machen müssen, weil wir wegen der Höhe Unmengen Wasser trinken um der Höhenkrankheit vorzubeugen (mit Erfolg!). Auf der Hochebene gibt es keine Bäume, aber zum Glück auch keinen Verkehr, man muss nur den dauerhaft starken Wind berücksichtigen…

Die Sonne ist hier so stark, dass alle Flächen im Auto heiß sind und man die Haut bedecken muss. Dazu ist sie so gleißenden hell, dass man eine Sonnenbrille braucht. Gleichzeitig ist es so kalt, dass man sich nur mit Jacke und Mütze draußen aufhalten kann. Mütze und Sonnenbrille, coole Kombination 🙂

Im letzte Stück zur Lagune verschlechtert sich die Straße nochmal signifikant, wir müssen großen Steinen ausweichen und versuchen, nicht in Sand stecken zu bleiben.

Dann wird die Mühe belohnt und vor uns wird eine sehr rote Wasserfläche sichtbar. Unsere angepeilte Unterkunft liegt an anderen Ende der Lagune, also geht es weiter auf der Schotterpiste. Irgendwann denken wir, dass der See sehr nahe ist, parken das Auto in einen ausgetrockneten Flussbett und wandern los. Scheinbar eine Fata Morgana. Als wir nach 30 Minuten mit starken Rückenwind nicht am Wasser sind drehen wir um und quälen uns zurück zum Auto.

Aus der Ferne sehen wir, wie ein Jeep zu unserem Auto fährt und es einmal umkreist, um daneben stehen zu bleiben. Oh man, das kann nichts Gutes bedeuten. Nach kurzer Zeit kommt der Jeep auf uns zu und hält neben uns. Die Polizei des Nationalparks macht uns freundlich, aber bestimmt, darauf aufmerksam, dass wir nicht in Flussbett parken dürfen und auch nicht zum See laufen dürfen. Es gibt aber einen Aussichtspunkt, da dürfen wir hin. OK gut, wir waren eh auf den Rückweg.

Wir fahren weiter Richtung Unterkunft, von dort wollen wir uns orientieren wie wir zum Aussichtspunkt kommen.

An der Unterkunft kommt gerade eine Tour mit Jeep an und Claudia spricht den Fahrer an, ob er uns nicht zum Aussichtspunkt fahren könnte. Nach kurzer Verhandlung wechseln 10l Benzin und 50 BOL (7€) den Besitzer und wir düsen im Jeep zum Aussichtspunkt.

Hier kann man die Rote Lagune in voller Pracht sehen. Hunderte von Flamingos suchen in den roten Algen nach den Krebsen, die ihnen die Farbe verleihen. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus, die ganze Umgebung mit den verschiedenen Farben, die rote Wasserfläche und die Flamingos scheinen wie von einem anderen Planeten. Die Strapazen und Schrecken der letzen Stunden sind im Angesicht dieses Naturwunders schon fast vergessen.